ROT: Soviel Kunst wie heute war nie.
WEISS: Stimmt: Egal was man in die Hand nimmt, stets hat ein Designer seine Finger mit im Spiel gehabt. Wir sind umgeben von schnöder Gebrauchskunst.
ROT: Ach ja? Was ist schlecht an schönen nützlichen Dingen?
WEISS: Nichts - nur dass die höhere Kunst keine Dinge, sondern Ideen designed.
ROT: Damit ist Kunst am Ende nichts weiter als Propaganda?
WEISS: Richtig. Und nicht nur totalitäre Regime pflegen Künstler für sich zu vereinnahmen. In Deutschland geriert sich der künstlerische Mainstream aller Kunstgattungen gegenwärtig gerne links.
ROT: Und heraus kommt gesellschaftspolitische Gebrauchskunst.
WEISS: Ihre letzte Steigerung findet Kunst dort, wo sie selbst zur Religion wird. Im Mittelalter war Kunst Gottesdienst, wobei der Künstler in und hinter dem Werk verschwand. Erst mit der Renaissance löste sich die Kunst vom Religiösen - und wurde zusehends weltlich.
ROT: Damit ist Kunst doch gerade nicht Religion?
WEISS: Mit fortschreitender Entmachtung von Kirche und Priesterschaft entstand eine Lücke, in der die Kunst Stellung bezogen hat. Die frühere Heiligenverehrung hat sich in einen Kult um den Künstler transformiert. Kunstwerke werden heute wie Reliquien gesammelt und zu astronomischen Preisen gehandelt. Kathedralen und Monstranzen haben sich in Museen und Galerien verwandelt, in denen Besucher andächtig Erbauung suchen - und oft verstört zurück bleiben.
ROT: Du meinst, die Dekadenz des vor-reformatorischen Papsttums wiederholt sich im zeitgenössischen Gebaren des Kunstmarktes? So gesehen hat sich die Avantgarde längst von der Gemeinde gelöst und kehrt ihr den Rücken zu. Je unverständlicher und kruder wird Kunst zum ihren Individualismus zelebrierenden Hokuspokus. Anstelle echter ästhetischer Teilhabe verlangt sie vom Kunstsuchenden dummen Glauben und Bewunderung.
WEISS: Mit guter Kunst sollte es sich aber wie mit biblischen Gleichnissen verhalten: Sie sprechen zu den Ungebildeten ebenso wie zu den Gebildeten - und geben uns ein Leben lang zu denken.
ROT: Sonst wäre sie nur Opium fürs Volk.
Lasst's Euch schmecken! (Gebt gerne Euren Senf dazu.)
LG Ralf & Thomas
Kunst – welch vielschichtiges Wort! Schließlich umfasst Kunst alles nicht natürliche – also alles Künstliche, vom Menschen Geschaffene.
Und nun sucht Ihr Bewertungskriterien für Kunst?
Vor Gericht versucht man Kunst mit dem Begriff der Wertschöpfungshöhe zu bewerten. Kriterien sollten vor allem sein: Individualität oder Originalität.
Gemäß Urheberrechtsprofessor Marcel Bisges entscheiden die deutschen Gerichte aber erstaunlicherweise ausschließlich nach folgenden Kriterien:
– hoher Herstellungsaufwand,
– ein hoher wirtschaftlicher Wert oder
– ein prominenter Urheber
Der Künstler, zumindest der prominente, wird also auch von den deutschen Richtern wie ein Heiliger vergöttert.
Ihr betitelt und bewertet Kunst mit Kriterien wie „gute Kunst“ oder „schnöde Kunst“? „Schnöde“ empfinde ich als erstaunlich starke, negative Wertung = verachtenswert, erbärmlich, niederträchtig. Aber kann es bei Kunst überhaupt eine negative Wertung geben? Entweder sie hat eine Wirkung – oder eben keine.
Die allgemeinen Bewertungskriterien für Kunst gem. Wiki kann ich da schon eher nachvollziehen:
– Kreativität
– Effizienz (Relation von Wirkung zu Aufwand)
Wenn Kreativität auch bedeutet „mit sprachlicher Kompetenz verbundene Fähigkeit, neue, nie gehörte Sätze zu bilden“, so trifft das auf Pommes sicherlich zu. Und die Effizienz von Pommes ist unschlagbar: das weltweite Internet als Publikum bei minimalem Aufwand.
Da Pommes zu den sogenannten „schönen Künsten“ gehört, ist der wichtigste Bewertungsfaktor die Stärke Eurer Wirkung beim Publikum. Wie man an meinem Ergüssen in den verschiedenen Kommentaren nachvollziehen kann, habt Ihr mich offensichtlich sehr stark inspiriert – vielleicht sogar für ein Leben lang.
Meines Erachtens bilden nicht Natur und Kunst Gegensatzpaare, sondern Natur und Kultur bringen das Natürliche und das Menschliche in ein Spannungsverhältnis. „Schnöde“ ist im Beitrag nicht abwertend gemeint sondern unterstreicht sowohl bei der materiellen wie auch bei der ideellen Gebrauchskunst deren Unterwerfung unter einen bestimmten Zweck. Das Bauhaus wäre ein Beispiel für materielle Gebrauchskunst, Bertolt Brecht mit seinem Erziehungsansatz ein Beispiel für ideelle Gebrauchskunst und Joseph Beuys ein Beispiel für pseudoreligiösen Schamanismus. Eine unmittelbare Begegnung zwischen Kunstwerk und Betrachter kann sich meines Erachtens nur in einem zweckfreien Rahmen ereignen.
Im Februar habt Ihr erklärt, der Zweck dieses Blogs wäre, dass Ihr berühmt und anerkannt werden wollt.
Wie sieht denn dann der zweckfreie Rahmen aus in dem ich Euren Kunstwerken unmittelbar begegnen kann?
Oder kann man das eben nicht, weil auch Pommes nur zweckgebunden – und daher verachtenswerte und erbärmliche Gebrauchskunst ist?
Septem Artes Liberales…ok, Du hast von den schönen, nicht von den freien Künsten geredet…dennoch: Danke für Dein Dich Durch Uns Inspiriert Fühlen:-)
Opium und das Volk – zum ersten Mal 1840 von dem Künstler Heinrich Heine in Verbindung gebracht (eine Denkschrift für Ludwig Börne).
Campino von den toten Hosen hatte dann 1996 die Aussage auch auf Kunst übertragen „Letztenendes sind wir auch irgendwie ‚Opium fürs Volk‘.“
Seltsam – so entsteht der Eindruck das Kunst, Betäubungsmittel und Düsseldorf irgendwie in einem Zusammenhang stehen…
Meines Wissens ist „Religion ist Opium des Volkes“ originär ein Bonmot von Karl Marx und entstammt der seiner Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie.
Marx übernahm seine Formulierung 1844 möglicherweise von Heinrich Heine, den er 1843 kennengelernt hatte.
Heine hatte 1840 eine Denkschrift für Ludwig Börne veröffentlicht: „Heil einer Religion, die dem leidenden Menschengeschlecht in den bittern Kelch einige süße, einschläfernde Tropfen goss, geistiges Opium, einige Tropfen Liebe, Hoffnung und Glauben!“
Das lass ich mir gefallen. – Danke schön!
Manchmal erinnere ich mich nicht was ich gestern gegessen habe.
Aber was der Heinrich vor 179 Jahren gesagt hat weiß ich noch genau …
?
Die Kunst liegt im Auge des Betrachters, habe ich mal gelesen.
Und dann wohl auch im Ohr des Hörenden.
So soll es sein.
Das geht wohl auf Thukydides zurück, der schon weit vor Christi Geburt meinte: „Schönheit liegt im Auge des Betrachters.“
Das denk ich mir auch jeden Morgen beim Blick in den Spiegel – und hoffe dann auf möglichst wohlwollende Betrachter.
Neulich stieß ich dabei sogar entsetzt einen Schrei aus – weil jemand anscheinend den Spiegel gegen ein Bild von Edvard Munch ausgetauscht hatte.
Und dann wurde mir klar: man muss nicht unbedingt schön aussehen – Hauptsache man macht einen starken Eindruck.
???