Panem et Circenses

ROT: Ich versuche mir seit einigen Tagen die unfassbare Anzahl von bald acht Milliarden Menschen vorzustellen zusammen mit dem Gefühl jedes Einzelnen, etwas Besonderes zu sein. Ich muss gestehen, das fällt mir schwer. In meinen Augen verschwimmt die Menschheit zur puren bedrohlichen Masse.

1er von 8 Milliarden

WEISS: Zwei Milliarden von denen haben doch einen Facebook-Account. Guck dir die Profile und die Posts an, dann werden auch für dich die einzelnen User in ihrer Individualität, mit ihren persönlichen Erlebnissen, Fähigkeiten und Vorlieben leicht unterscheidbar.

ROT: Für mich sind die Petabytes an Foto- und Videomaterial über Katzen, Urlaube und Mahlzeiten absolut austauschbar und die Individuen für die Facebook-Algorithmen bekanntermaßen bis ins Wahlverhalten hinein vorhersehbar. Das vermeintlich Besondere kehrt sich ins Banale und Berechenbare, das Einzigartige ins Normale und Genormte. Die empfundene Individualität erweist sich als Illusion. - Warum ist Facebook damit so erfolgreich?

WEISS: Sobald der Mensch einigermaßen satt, behaust und beschäftigt ist, sehnt er sich nach Freunden, Anerkennung und Wertschätzung und strebt nach Selbstverwirklichung. Diese maslowschen Sehnsüchte bedient Facebook und bietet dafür einen grenzenlosen Spielplatz, auf dem sich alle austoben und als vermeintlich einzigartig erleben können.

ROT: Dabei stört es niemanden, dass alle die gleichen Förmchen und Schäufelchen haben und die meisten Sandburgen am Ende des Tages zum Verwechseln ähnlich aussehen?

WEISS: Die Kids haben auf jeden Fall eine Menge Spaß - und darauf kommt es an.

ROT: Du meinst es geht nicht um Einzigartigkeit an sich - sondern nur um das Gefühl von Einzigartigkeit?

WEISS: Ja, so ist es wohl. Den meisten Leuten wird unwohl, wenn sie sich zur sehr aus der Menge hervorwagen. Ihnen reicht das Gefühl von Freiheit und Abenteuer und sie finden nichts dabei, wenn sie in ihrem Handeln zuletzt berechenbar bleiben.

ROT: Anders wird der Planet mit seinen 8 Milliarden Menschen wohl nicht zu navigieren sein: "Brot und Spiele" auf der Benutzeroberfläche & "kalkuliere und herrsche" in den Tiefen des Betriebssystems.

Lasst's Euch schmecken! (Gebt gerne Euren Senf dazu.)
LG Ralf & Thomas

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Bin ich Besonders, weil ich keinen Facebook-Account habe? Laut Euren Zahlen nicht, denn ich gehöre zur Mehrheit von sechs Milliarden Menschen, die keinen Account haben. Und dennoch komme ich mir „speziell“ vor. Andererseits fühle ich mich nicht schlechter informiert und wenn ich wissen will, wie es Freunden und der Familie geht, dann funktioniert das gute alte Telefon auch noch. Da kann ich mir im Pull-Prinzip die Infos holen, die ich benötige und bin nicht auf das Push-Prinzip von Facebook angewiesen. Ich bin viel zu faul zum Selektieren der ganzen Infos ….

danke für die wöchentlichen Anregungen! Trotz vieler Probleme sehe ich Facebook als Quelle der Kreativität. OK, diese ist oft ziellos, aber nach dem Paradigmen-Wechsel zu „Everybody is a publisher“ durch die sozialen Medien, gäbe es nicht die Bereitschaft, die Selbstwirksamkeit einem größeren Bekanntenkreis zugänglich auf diesem oder auf anderen Kanälen zu machen. Es ist für mich ein Gedankenaustausch mit größerer Reichweite, die insofern viele Besonderheiten Einzelner zeigt. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass die sozialen Medien die Menschen profilierter und unterschiedlicher gemacht hat. Vor 20 Jahren waren wir doch deutlich linearer unterwegs.
Dennoch sind damit viele Kehrseiten verbunden (Datenkrake, Trolls, Zeitverschwendung), doch noch überwiegen für mich die Vorteile.

In Anbetracht des gesamten Irrsinns den wir so treiben, fehlt mir beim Thema Facebook & Co die Aufgeregtheit .
Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an.
Ich bin froh, dass ich in einem Land geboren bin, dessen Benutzeroberfläche mich bis heute vor Hunger und Krieg bewahrt hat.
Da haben es Milliarden von Menschen nicht ganz so gut getroffen.
Angesichts der rasanten Zunahme der Bevölkerung (der Großteil Verlierer), stellt sich die Frage, wie lange noch lässt sich unser Planet wohl mit dem aktuellen Betriebssystem navigieren.

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