Loyalität ist nichts für Anfänger

ROT: Was ist eigentlich aus Oliver Schmidt geworden?

WEISS: Aus Oliver wem?

ROT: Aus jenem VW Manager, der 2017 wegen des Dieselskandals in den USA für sieben Jahre in den Knast eingefahren ist.

Individualismus pur - Und ich mach mein Ding!

WEISS: Dem Vernehmen nach sitzt Schmidt immer noch in Michigan ein.  - Aus den Augen, aus dem Sinn. Die Presse hat ihn längst vergessen...

ROT: ... und sein Arbeitgeber sowieso. Der hat ihn fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Ich sag  ja: Loyalität lohnt sich nicht. Nur wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.

WEISS: Tatsächlich scheinen sich Individualismus und Loyalität schlecht zu vertragen. Loyalität erfordert ein Denken und Fühlen im Kollektiv, sei es nun das einer Familie, eines Betriebes oder einer Nation.

ROT: Das heißt, nur innerhalb des Kollektivs wird gestritten, dieses nach außen aber immer resolut verteidigt?

WEISS: Menzius, ein Schüler des Konfuzius, treibt das Loyalitätsprinzip auf die Spitze: "Als er gefragt wurde, was ein König tun solle, dessen Vater jemanden ermordet habe, antwortete er, der Sohn dürfe seinen Vater nicht bestrafen lassen, sondern solle abdanken und mit ihm irgendwohin gehen, wo das Gesetz sie nicht erreicht." (Die Chinesen, S. 180)

ROT: Dann hätte Menzius die Wikipedia-Definition von Loyalität sicherlich gefallen: Loyalität als das Teilen und Vertreten von Werten und Ideologien eines Anderen im Interesse eines gemeinsamen höheren Zieles - und zwar auch dann, wenn man dieses nicht vollumfänglich teilt.

WEISS: Verständlich, dass der Rechtsstaat diese Form von Loyalitätsbeziehungen ganz und gar nicht mag. So bewegt sich das Zeugnisverweigerungsrecht in engen Grenzen und auch das Ehegattensplitting ist ihm ein Dorn im Auge. Ihm sind 1 : 1 Beziehungen zu seinen Bürgern in rechtlicher und finanzieller Hinsicht am liebsten - divide et impera.

ROT: Richtig. Der Rechtsstaat erkennt bei seinen Bürgern letztlich nur eine Loyalität an - nämlich die zum geltenden Recht. Diese Einsicht kam Oliver Schmidt ganz offenbar zu spät.

Lasst's Euch schmecken! (Gebt gerne Euren Senf dazu.)
LG Ralf & Thomas

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Diese seltsame und widersprüchliche Mischung aus dem unbändigen Überlebenswille des Individuums auf der einen und den komplexen Mechanismen in einer Gruppe, wie dem Bedürfnis nach Anerkennung bis hin zur Selbstaufopferung für die Gruppe, auf der anderen Seite. In der Evolution bisher auf jeden Fall ein Erfolgsmodell (zumindest wenn Masse das Kriterium für Erfolg ist).

Geltendes Recht? Das ist doch immer Auslegungssache – sonst würden wir ja keine Deuter des Rechts wie den Bundesgerichtshof benötigen – oder?

So soll es in einigen Städten Bezirke geben, in denen das Recht eher nach altbewährter italienischer bzw. türkischer Tradition interpretiert wird: „Ein Mann der Familie hat immer Recht – selbst wenn er Unrecht hat, hat er Recht.“ (Film „Donnie Brasco“)

Ich bin mir nur nicht im Klaren darüber ob es Sachwarmintelligenz wirklich gibt. Wenn eine Gruppe intelligenter als ihre Individuen ist, dann liegt das doch eher daran, dass viele innerhalb einer Gruppe das Denken ganz einstellen. Und damit wären wir wieder bei dem Ausgangspunkt Eures Beitrags.

Na dann gilt doch der alte Juristengrundsatz, dass wir auf hoher See und vor Gericht in Gottes Hand sind…Gleichwohl: würde das Recht nicht ausgelegt, entwickelte es sich nicht weiter. Unser BGB ist am 01.01.1900 in Kraft getreten. Und gilt seit 119 Jahren. Wenn das kein Meisterstück ist?

Mein Tages Horoskop kann man soweit auslegen, dass es für 600 Millionen andere Menschen auch zutrifft – wenn das kein Meisterstück ist. ?

In den sogenannten kulturvierten Industrie Länder, wo jeder erst einmal an sich selbst denkt, hält keiner freiwillig den Kopf für den Anderen hin.
Ausnahmen bilden hier z. B. die Scientologen , die Zeugen Jehovas
die Hells Angels und die Mafia.
Die Einen weil man Ihnen das Gehirn verbrutzelt hat und die Andren weil sie genau wissen was ihnen passiert, wenn sie sich nicht loyal verhalten.

Ok, ok innerhalb der Familie gibt es scheinbar noch so etwas wie Loyalität,
aber selbstverständlich ist das auch nicht mehr.

Oh – sogar ich hatte mal eine Zeit lang meinen Kopf für Dich hingehalten – so wie es aktuell andere z.B. bei der Polizei, der Feuerwehr und der Bundeswehr usw. jetzt auch für uns tun. Denn riskieren die nicht Ihre Gesundheit für andere?

Aber der Teufel steckt natürlich im Detail:
ohne Zögern würdest Du in einer Notlage Deine Liebsten verteidigen, auch wenn Du Dein Leben dabei gefährdest.

Aber wenn in einem anderen Szenario der Sensemann vor Dir steht und eine Person mitnehmen will, und Dich dann vor die Wahl stellt:
Du oder einen Deiner Liebsten?

Erzähl mir bitte nicht, Du würdest die Antwort ohne Zögern geben. ?

Oh nein, die Leistungen, der von Dir genannten Berufsgruppen habe ich nicht vergessen und stelle sie auch nicht in Frage, zumal ich aus jeder dieser Berufsgruppen mehrere Bekannte habe und einer meiner Söhne Polizist ist.

Allerdings hat mir noch keiner erzählt, dass er aus Überzeugung und dem Gedanken für Andere den Kopf hinzuhalten zu wollen seinen Beruf gewählt hat.
Egal aus welcher Motivation heraus sie diesen Weg gewählt haben, jetzt machen sie Ihren Job weil sie dafür bezahlt werden.
Und ja, selbstverständlich auch hier gibt es Ausnahmen.

Übrigens wurde ich neulich belehrt, dass es nicht richtig sei
wenn ich unaufgefordert meine Hilfe anbieten würde.
Das habe ich nicht so recht verstanden und deshalb möchte ich mich bei Dir auch dafür bedanken, dass Du schon einmal Deinen Kopf für mich hingehalten hast oder musstest, auch wenn Du das Mandat dazu nicht von mir bekommen hast.

Das mit dem Sensemann warte ich mal entspannt ab,
bis es soweit ist.

Super Beitrag. Gerade in einer sich immer schneller drehenden Welt ? und der zukünftigen Arbeitswelt – Gig Economy – wird die Frage sein, wie loyal sind Arbeitnehmer, aber vor allem Unternemen

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